Die Welt baut auf Nachhaltigkeit und Menschenwohl

Partizipative Konzepte, schwimmende Häuser und Multisensorik - Fachleute aus Projektmanagement, Ingenieurwesen und verwandten Branchen, werden nicht schlecht staunen, wie sich Architektur im Jahr 2024 und darüber hinaus transformieren wird.
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Während sich einige Branchen wie der Technologiesektor beinahe zu überschlagen scheinen, hat sich die Architektur bisher in einem vergleichsweise gediegenen Tempo weiterentwickelt. Dass Trends Jahrzehnte überdauern, ist aber kein Wunder - eine neue Bautechnologie oder ein neues Material zu erfinden, ist nämlich gar nicht so einfach.

Der Fortschritt der Baubranche mag zwar auf den ersten Blick langsam wirken, aber still steht sie in Wirklichkeit nie. Alte Lösungen werden stetig überarbeitet und neue entwickelt. Die Trends der nächsten Jahre zeigen, dass wir unser ökologisches Denken neu ausrichten werden, vermehrt über unsere Sicherheit nachdenken und den Schritt hin zu kleineren Häusern machen werden. In diesem Artikel haben wir die 10 Architekturtrends der Zukunft für dich zusammengefasst.

1. Biophile Architektur

Biophile Architektur integriert natürliche Elemente so weit wie möglich in die Gestaltung von Bauprojekten. Da der Mensch untrennbar mit der Natur verbunden ist, haben Pflanzen, Wasser und natürliches Licht einen größeren Einfluss auf uns, als uns oftmals bewusst ist. Zum Beispiel belegen zahlreiche Studien, dass diese Naturelemente Produktivität steigern und die Genesung von Krankheiten zu beschleunigen.

Um eine stärkere Verbindung zur Natur herzustellen, werden die Grenzen zwischen Innen- und Außenbereich neu definiert. Das geschieht zum Beispiel durch die vermehrte Nutzung von Glas und Holz, sowohl im Außen- als auch im Innenbereich von Gebäuden. Auch Farben, Oberflächen und Formen (mehr botanische Motive, Ovale und Bögen) spielen eine große Rolle. Zuletzt verfügen erfolgreiche biophile Bauprojekte auch über eine gute Belüftung der Räume.

Costa Ricanische Architekten haben bereits extrem biophile Häuser gebaut - so biophil, dass sie buchstäblich mit dem Dschungel verschmelzen. Das gesamte Baukonzept dreht sich um die Beobachtung der Natur: Der Eingang wird so platziert, dass Besucher:innen und Bewohner:innen an einem Bach entlang geführt werden, und jedes Fenster bietet einen Blick auf den Garten oder den Wald.

Wohnhaus Casa Azúcar. Quelle: studiosaxe.com

2. Häuser auf Stelzen

Stelzen statt Fundament? Das klingt erst einmal gewöhnungsbedürftig. Dahinter steckt aber eine clevere Zukunftsidee. Denn Gebäude sollen nicht nur für den schönen Ausblick aus dem Fenster über dem Boden gebaut werden. Angesichts des immer weiter steigenden Meeresspiegel achten immer mehr Projektmanager:innen und Architekt:innen auf zukunftsfähigen Wohnraum.

Solche Konstruktionen sind eine Notwendigkeit für Küstenregionen und Länder mit flachem Gelände in Meeresnähe, wie die Malediven oder die Niederlande. Häuser auf Stelzen können überall gebaut werden - auf felsigem Gelände, über Wasser und an anderen Orten, wo es schwierig ist, ein Fundament zu legen. Außerdem ermöglichen sie eine bessere Belüftung der Räume.

Best Practices aus Schweden zeigen: statt einem Hotelkomplex kann man mehrere Apartments auf Stelzen bauen - und zwar so, dass die natürliche Landschaft nicht beeinträchtigt wird. Da die Gebäude schweben, werden die Wurzelsysteme der Bäume und die Bodenlebewesen kaum beeinträchtigt.

Trakt Forest Hotel. Quelle: traktforesthotel.com

3. Katastrophensichere Häuser

Das Konzept von Gebäuden, die gegen Naturkatastrophen beständig sind, existiert schon seit langem - nach den jüngsten Erdbeben in der Türkei und Syrien wurde das Thema jedoch neu entfacht. Es brachen ganze Stadtviertel wie Kartenhäuser zusammen. Mitverantwortlich dafür waren zum Teil zu schnelles Bauen und die Missachtung von Sicherheitsstandards.

Architekt:innen können Erdbeben nicht verhindern, aber sie können Gebäude darauf vorbereiten. Es gibt viele Technologien, die dabei helfen können: das Pendelprinzip zum Beispiel, oder Stoßdämpfer, die in Gebäuden nach dem gleichen Prinzip funktionieren wie in Autos) und Kunststoffe, die Verformungen widerstehen können. Türkische Architekt:innen prüfen das Bau-Projektmanagement seither genauer und fordern eine verantwortungsvolle Regulation von Urbanisierung.

Viele Länder in erdbebengefährdeten Gebieten haben damit begonnen, alte Bauprojekte aktiv zu modernisieren und neue, besser geschützte Gebäude zu errichten, wie zum Beispiel den ersten erdbebensicheren
Wolkenkratzer
in Tokio.

District Tower-Wolkenkratzer in Tokio. Quelle: archdaily.com

4. Umweltfreundliche Materialien

Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit waren die führenden Architekturtrends der letzten Jahre - und das wird sich auch in 2024 nicht ändern. Um die negativen Auswirkungen auf die Natur so gering wie möglich zu halten, werden vermehrt erneuerbare und biologisch abbaubare Baumaterialien verwendet.

Zum Beispiel Hanfbeton, Bioverbundwerkstoffe (eine Mischung aus natürlichen und synthetischen Materialien), Bambus und Kork. Kork wird in der Regel im Innenbereich verwendet, aber in den letzten Jahren auch vermehrt an Fassaden. Außerdem wird das Bauen mit Holz immer populärer, denn Holz hat einen geringeren CO2-Fußabdruck als andere Baumaterialien.

Umweltfreundliche Materialien haben oft auch andere hervorragende Eigenschaften: Sie tragen laut dem Fraunhofer Institut zu einer stabilen Raumtemperatur bei und verbessern die Luftqualität. Ein gutes Beispiel bietet dieses Londoner Bauprojekt aus Holz und Kork:

Das Korkhaus von Polysmiths. Quelle: polysmiths.com

5. Partizipative Praktiken

Anstatt die Wünsche der Bewohner:innen eines Gebäudes zu erraten, warum nicht einfach ihre Meinung einholen? Das ist der Grundstein partizipativer Architektur. Dieses Prinzip (oft auch Placemaking genannt) stellt den Mensch in den Mittelpunkt und bindet ihn in alle wichtigen Phasen des Bauprozesses mit ein. Da die Community vor Ort dazu eingeladen wird, Erwartungen und Wünsche zu formulieren, entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert.

Auf diese Art wurde beispielsweise die Bibliothek einer Schule in Clayton modernisiert. Das Architekturteam befragte Schüler:innen und Lehrkräfte nach ihren Bedürfnissen und integrierten sie in die Bibliotheksrenovierung. Sie testeten zum Beispiel Möbel, brachten ihre eigenen Lösungen ein und wählten Materialien aus.

Renovierte Bibliothek an der Clayton High School. Quelle: bondarchitectsinc.com

6. Schwimmende Häuser

Heute leben 8 Milliarden Menschen auf der Erde, bis 2050 könnten es 9,7 Milliarden sein. Du fragst dich, wo all diese Menschen wohnen sollen? Genau diese Frage stellten sich auch Architekt:innen und so war die Idee der schwimmenden Häuser geboren.

Schwimmende Bauprojekte lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Die einen befinden sich dauerhaft auf dem Wasser: sie werden auf Plattformen errichtet, die leichter als Wasser sind, und am Ufer verankert. Es gibt aber auch Gebäude, die sich auf dem Land befinden, aber mit dem Wasserspiegel steigen - und so eine Flut überstehen können.

Es gibt bereits sogenannte SeaPods, futuristische schwimmende Häuser für Ozeane und andere Gewässer. Und in Südkorea wird dieses Jahr mit dem Bau von OCEANIX Busan begonnen - der weltweit ersten nachhaltigen schwimmenden Stadt.

Schwimmende SeaPod-Häuser (links) und schwimmende Stadt OCEANIX Busan (rechts). Quellen: oceanbuilders.com und oceanix.com

7. Smarttechnologien

Lichter zuhause ein- und ausschalten, das ist mittlerweile sogar der älteren Generation nicht mehr fremd. Smart-Häuser können aber noch viel mehr. Ein Beispiel ist intelligentes Glas, das auf Temperatur und andere äußere Faktoren reagiert - und seine Form verändert, um die Helligkeit im Raum zu erhöhen (oder zu verringern).

Ein britisches Start-up hat für moderne Bauprojekte außerdem mit Wasser gefüllte Fenster (WFG) entwickelt - die ermöglichen das Heizen und Kühlen eines Gebäudes mithilfe von Sonnenlicht.

Fenster mit WFG. Quelle: lifechange.at

8. Multifunktionale Gebäude

Während der COVID-19-Pandemie hast auch du vielleicht begonnen, von zu Hause aus zu arbeiten und dir überlegt, wie praktisch es wäre, alles Notwendige in deiner Nähe zu haben - einen Laden, ein Café, einen Schönheitssalon, ein Fitnessstudio. So ging es vielen Menschen. Die Quarantänebeschränkungen wurden aufgehoben, aber die Nachfrage nach Zugänglichkeit und Komfort blieb bestehen. So entstand der Trend zur Schaffung von „Städten in Städten“ - hybriden Komplexen, die unter anderem Wohnen, Sport und Geschäfte miteinander verbinden.

In diesem Jahr soll das Bauprojekt Cloud 11 fertiggestellt werden, ein riesiges multifunktionales Gebäude im neuen Cyber-Tech-Viertel von Bangkok. Es vereint alles, von Parks und Einkaufszentren bis hin zu kulturellen Veranstaltungsorten. Cloud 11 wird nicht nur ein Gebäude, sondern ein eigenständiger, städtischer Mikrokosmos sein.

Das multifunktionale Bauprojekt Cloud 11. Quelle: snohetta.com

9. Multisensorisches Design

Früher berücksichtigten Architekt:innen nur einen menschlichen Sinn - das Sehen. Die Erfahrung, die du beim Aufenthalt in einem Gebäude machst, wird jedoch nicht nur visuell beeinflusst. Die kognitiven Neurowissenschaften haben dabei geholfen, dies zu verstehen. Studie der Neurowissenschaft zeigt, dass auch nicht-visuelle Faktoren - Gerüche, Geräusche, Texturen - eine sehr wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Räumen und damit des Komforts spielen. In 2023 entstand zum Beispiel das Rapunzel-Besucherzentrum, ein perfektes Beispiel für ein Gebäude, das mit allen menschlichen Sinnen arbeitet.

10. Tiny Houses

Auch im Jahr 2024 werden wir uns mit mehr Tiny Houses weiter vom Luxus im alten Sinne entfernen. Viel Wohnraum kostet viel - im Bau so wie im Unterhalt. Deshalb geht der Trend zu kleineren Häusern. Sie sind zugänglich, energieeffizient und hinterlassen einen geringeren ökologischen Fußabdruck. Außerdem sind sie einfacher zu bauen, diese mexikanische Variante wurde zum Beispiel in nur wenigen Wochen fertiggestellt:

Tiny House in Mexiko-City. Quelle: archdaily.com

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